Verjährung und Verjährungsverzicht – Rechtsfolgen für die Praxis?

In bestimmten Situationen kann es vorkommen, dass Sie als Gläubiger zwar einen Anspruch gegenüber einem Schuldner haben, dieser jedoch nicht zur Erfüllung verpflichtet ist, weil die Forderung wegen Verjährung „nicht durchsetzbar“ ist. In diesem Rechtstipp erläutere ich die Grundlagen der Verjährung, des Verjährungsverzichts und gebe Ihnen praktische Tipps, wie Sie Ihre Ansprüche erfolgreich geltend machen bzw. fremde Ansprüche abwehren können.

Was ist Verjährung?

Die Verjährung ist ein rechtliches Instrument, der dazu führt, dass Ansprüche nach einer bestimmten Frist nicht mehr durchgesetzt werden können. Sie dient dem Schutz des Schuldners vor einer Rechtsausübung, die gegen Treu und Glauben vestößt, und fördert die Rechtssicherheit. 

Nach Eintritt der Verjährung kann der Schuldner die Leistung verweigern, indem er die Einrede der Verjährung (spätestens vor Gericht) erhebt.

Wie lange beträgt die Verjährungsfrist? 

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre beginnend mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den Umständen Kenntnis erlangt hat, die den Anspruch begründen (§§ 195, 199 BGB). Zudem regelt das Gesetz beispielsweise die sog. Verjährungshemmung und den Neubeginn der Verjährung.

Einige Ansprüche unterliegen einer kürzeren bzw. einer längeren Verjährungsfrist. Beispiele sind:

  • zwei Jahre – Mängelansprüche im Kaufrecht
  • sechs Monate – Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache verjähren in sechs Monaten.

Verjährungsverzicht: Bedeutung und Folgen

Ein Verjährungsverzicht bedeutet, dass der Schuldner auf das Recht verzichtet, die Einrede der Verjährung zu erheben. 

Achtung: Eine solche Erklärung bedeutet nicht zugleich, dass die Verjährungsfrist sich verlängert. Der Verzicht hat in der Regel zur Folge, dass der Schuldner sich bis zum Ende des vereinbarten Zeitraums nicht auf die Verjährung berufen kann. Erhebt der Gläubiger jedoch nicht innerhalb dieser Verzichtsfrist Klage, kann der Schuldner nach Ablauf der Frist wieder die Verjährungseinrede erheben.

Es ist wichtig zu beachten, dass ein Verjährungsverzicht auch nicht automatisch zu einem Neubeginn der Verjährung führt. Hierfür sind besondere Anhaltspunkte erforderlich.

Praxisbeispiel für eine Verjährung

Ein Beispiel aus der Rechtsprechung verdeutlicht die Thematik (nach BGH, Urteil vom 10.11.2020, VI ZR 285/19):

Ein Kind wird im Jahr 2000 durch einen Behandlungsfehler geschädigt. 

Im Jahr 2004 wird ein Schlichtungsverfahren eingeleitet, und die Klinik erklärt, bis Ende 2007 nicht auf die Verjährung zu berufen.

Erst im Jahr 2009 wird vom Kind Klage eingereicht.

Der BGH entschied, dass der Anspruch des Kindes verjährt ist, da die Klage nicht rechtzeitig erhoben wurde (also nach Ablauf der Bindung an die Verzichtserklärung). Der Verjährungsverzicht der Klinik hatte keinen Einfluss auf den Lauf der Verjährungsfrist.

Fazit

Um Ansprüche rechtzeitig geltend zu machen, ist es entscheidend, die Fristen im Auge zu behalten und gegebenenfalls rechtzeitig Klage zu erheben. Ein bloßer Verjährungsverzicht schützt nicht vor Verjährung, wenn keine Klage innerhalb der vereinbarten Frist erhoben wird. Es sollte daher entweder rechtzeitig geklagt werden, ausdrücklich der Neubeginn der Verjährung vereinbart werden oder rechtzeitig die Verlängerung des Verjährungsverzichts eingeholt werden.

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Rechtliche Hinweise

Sämtliche Informationen in den Rechtstipps dienen ausschließlich allgemeinen Informationszwecken. Eine Rechtsberatung für den konkreten Einzelfall geht damit nicht einher.